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10th CLU: Datenschutz und Wettbewerbsrecht

Die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist seit dem 25. Mai 2018 in Kraft. Bei Verstössen gegen die DSGVO hat ein Unternehmen mit einschneidenden Bussen zu rechnen. Daten spielen aber auch im Wettbewerbsrecht eine immer zentralere Rolle und stellen für Wettbewerbshüter eine grosse Herausforderung dar. Im Rahmen des 10th Competition Law Update (CLU) vom 18. Oktober 2018 im Au Premier in Zürich wurde das Thema «Datenschutz und Wettbewerbsrecht» durch Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und der Verwaltung besprochen. Die Leitung des 10th CLU erfolgte durch Patrick Krauskopf, Leiter des Zentrums für Wettbewerbs- und Handelsrechts der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und Präsident der Swiss Association for Compliance and Competition Law.


Wettbewerb um und mit Daten

Als Vertreter der Wissenschaft referierte Prof. Dr. iur. Peter Georg Picht, Professor der Universität Zürich. «Daten sind die neue Währung» liess Prof. Picht verlauten - zu Recht, wie sich aufgrund seines spannenden Referats gezeigt hatte: Die Generierung von Daten(pools) durch Unternehmen ermöglichen Marktzutritte und stärken die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen auf vor- und nachgelagerten Märkten. Facebook verfügt aufgrund der gesammelten Personendaten seiner Nutzer über einen enormen Datenpool, was zu einer Stärkung der marktmächtigen Stellung des Unternehmens beiträgt. Auch Google kann kraft seiner Datenmacht und aufgrund bestehender Informationsasymmetrien seine Stellung auf dem relevanten Markt stärken und von dieser Stärke auch in anderen Märkten profitieren. Diese Entwicklung bringt aber auch Herausforderungen mit sich: fraglich ist, mit welchen Mitteln dem Datenaustausch mittels algorithmischer Kollusionen entgegengewirkt werden kann. Das geltende Kartellrecht verbietet zwar Preisabsprachen unter Wettbewerbern, aber ob dieses Verbot auch auf Maschinen anwendbar ist, die automatische Preisanpassungen aufgrund von Veränderungen auf dem relevanten Markt vornehmen, ist unklar. Prof. Picht zeigt auf, mit welchen bestehenden rechtlichen Instrumenten welche Wirkungen erzielt werden können. Er erläutert aber auch die Grenzen des Rechts. Wie der Wettbewerb um und mit Daten effektiv geregelt werden kann bzw. soll, bleibt abzuwarten.


Datenschutz und Marktmachtmissbrauch: Was kommt auf uns zu?

Als Vertreter der Verwaltung referierte Rechtsanwalt Fritz Tanner, Datenschutzbeauftragter des Kantons Thurgau. Einleitend erklärte Rechtsanwalt Tanner, dass er als kantonaler Datenschutzbeauftragter nur die Datenbearbeitung durch Behörden im Kanton Thurgau überwacht, nicht aber die Datenbearbeitung durch Privatpersonen bzw. Unternehmen - dieser Bereich sei aufgrund des föderalistischen Systems in der Schweiz dem Eidgenössischen Datenschutzverantwortlichen (EDÖB) vorbehalten. Anhand anschaulicher Beispiele wurden bereichsübergreifend die Schnittpunkte im Bereich Datenschutz und Kartellrecht aufgezeigt: Ein Verstoss gegen das Kartellrecht könnte vorliegen, wenn Unternehmen ihre potentiellen Kunden nur unter der Voraussetzung beliefern, dass sie vorgängig in die Datenbearbeitung ihrer Personendaten einwilligen. Stromanbieter können aufgrund der bei ihnen verfügbaren Strombezugsdaten durch Kunden Kunden-Profile erstellen, aus denen das Konsumverhalten der Kunden detailliert abgelesen werden kann - konkret bedeutet dies, dass der Stromanbieter weiss, wann sein Kunde in den Ferien weilt oder wann er zuhause ist und Fernsehen schaut. Mit diesen Daten und dem daraus generierten Wissen könnte der Stromanbieter seine Marktmacht missbrauchen. Sogar die Verwendung von digitalen Schrittzählern birgt Gefahren: Die aufgrund der gesammelten Daten erstellten Datenprofile dienen den Krankenkassen dazu, ihre Versicherungsnehmer noch gezielter auszuwählen und das Angebot auf den entsprechenden Versicherungsnehmer abzustimmen.


Lauterkeitsrechtliche Aspekte beim öffentlichen Fernsehen

Als Vertreter von Unternehmerseite referierte Rechtsanwalt Raffaele De Vecchi, RSI. Einleitend wurde durch Rechtsanwalt De Vecchi der Inhalt des öffentlich-rechtlichen Auftrags erläutert, der die rechtliche Grundlage für die Aufgabenerfüllung von RSI darstellt. im Rahmen der rechtlichen Grundlage hat RSI u.a. eine Informationspflicht gegenüber Konsumentinnen und Konsumenten. Im Zusammenhang mit dem Datenschutz und dem Informationsauftrag der RSI wurde durch Rechtsanwalt De Vecchi insbesondere ein Aspekt aufgegriffen: Die «verdeckte Recherche», welche die Aufdeckung von unlauteren Handlungen zum Ziel hat. Eine solche Recherche ist nur zulässig, wenn (i) es sich um ein kontroverses Thema handelt, für dessen Thematisierung (ii) ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, (iii) die notwendigen Informationen nicht anders beschafft werden können, (iv) die Beschaffung der Informationen verhältnismässig ist und (v) keine Provokation durch einen Journalisten vorliegt. Zur Veranschaulichung erläutert Rechtsanwalt De Vecchi ein Beispiel, das in der Sendung «Patti chiari» ausgestrahlt wurde. Journalisten der Sendung «Patti chiari» von RSI vereinbarten mit einem Arzt einen Besprechungstermin. Das Gespräch wurde undercover gefilmt. Nachdem der Arzt im Undercover-Gespräch seine Behandlungsmethode erläutert hatte, gaben sich die Journalisten zu erkennen, um dem Arzt eine Präzisierung oder Revision seiner Aussagen zu ermöglichen, worauf der Arzt verzichtete. Der Beitrag wurde ausgestrahlt, unter Namensnennung des betroffenen Arztes. Gemäss RSI hat das öffentliche Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten am Schutz ihrer Gesundheit gegenüber dem Interesse des Arztes, nicht namentlich genannt zu werden, überwogen. Das Datenschutzrecht wurde somit zugunsten des überwiegenden öffentlichen Interesses der Konsumentinnen und Konsumenten eingeschränkt. Rechtsanwalt De Vecchi hält fest, «die Medien sind die vierte Gewalt im Staat». Dennoch müssen die Voraussetzungen (i)-(v) erfüllt sein, damit RSI mittels «verdeckter Recherche» einen Beitrag produzieren und veröffentlichen darf.


Panel-Diskussion

Im Anschluss an spannende und aufschlussreiche Referate rund ums Wettbewerbs- und Datenschutzrecht wurde durch Patrick Krauskopf die Panel-Diskussion eröffnet. Die Speaker mussten dabei zahlreiche Fragen der Teilnehmenden beantworten. Insbesondere die Kraft aus dem Silicon Valley (Facebook, Google, Amazon, etc.) wurde thematisiert. Aus kartellrechtlicher Perspektive seien die Initiativen in Europa zu begrüssen, so Prof. Picht. Für den Datenschutz auf kantonaler Ebene sei dies eine grosse Challenge und für Schweizer Medienunternehmen eine unglaubliche Herausforderung, so Herr Tanner und De Vecchi.


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